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Oxidativer Stress & Depressionen: Ein unterschätzter Zusammenhang?

Verfasst von Elli; zuletzt aktualisiert am 13. Januar 2024


Psychischer Stress kann Depressionen auslösen. Klar. So viel weiß man.

Aber was ist eigentlich mit oxidativem Stress – der Art von Stress, die direkt in unseren Zellen stattfindet, verursacht durch Infekte, Umweltgifte oder zu wenig Schlaf?

Diese Art von Stress wird im Kontext von psychischen Erkrankungen selten thematisiert.

Dabei konnte erst kürzlich ein aktueller Forschungsüberblick von Februar 2023 („Oxidative Stress in Depression“) zeigen, dass oxidativer Stress sich auch auf die Psyche niederschlägt – und zum Beispiel bei Depressionen eine wichtige Rolle spielt.

Im Blut von Menschen mit Depressionen finden sich im Schnitt mehr Marker für oxidativen Stress und geringere Level von Antioxidantien, die oxidativen Stress abfedern können. Das wiederum hat Auswirkungen auf Entzündungsprozesse (die Depressionen fördern).

  • Was bedeutet das für Menschen, die an Depressionen leiden?
  • Welche Folgen hat oxidativer Stress für Körper und Psyche?
  • Und was kannst du selbst gegen oxidativen Stress unternehmen?

Darum soll es in diesem Blogbeitrag gehen. Mach dich auf spannende Erkenntnisse gefasst, die zumindest meinen Blick auf den Zusammenhang zwischen Körper und Geist noch mal revolutioniert haben.


Über mich

Ich bin Elli und habe selbst Erfahrungen mit Depressionen. Mir haben vor allem körperliche Ansätze sowie ganzheitliche Mind-Body-Verfahren geholfen – und genau darüber schreibe ich hier, immer mit Bezug auf aktuelle Forschung zum Thema. Denn Körper und Geist hängen eng zusammen. Mind to Body, Body to Mind! Hier erfährst du mehr über mich.


Was ist oxidativer Stress?

Bei oxidativem Stress zirkulieren zu viele freie Radikale im Körper – und zu wenige Antioxidantien, die freie Radikale unschädlich machen könnten.

Disclaimer: Alle Informationen, die du hier findest, sind mit großer Sorgfalt recherchiert, aber: Ich bin keine Ärztin, und alle Angaben in diesem Beitrag sind ohne Gewähr. Wenn du Beschwerden hast, empfehle ich dir, medizinisches Fachpersonal zu konsultieren – das ist die einzige Möglichkeit, um eine angemessene Behandlung zu erhalten. Die hier bereitgestellten Informationen stellen keine Handlungsanweisung dar, ersetzen keinen Arztbesuch und dienen auch nicht der Selbstdiagnose oder -behandlung, sondern der weiterführenden Diskussion meines Blogbeitrags-Themas bzw. spiegeln eigene Erfahrungen oder Meinungen meiner Interviewpartner wider.

Was sind freie Radikale?

Freie Radikale sind instabile Moleküle, die in ihrer äußersten Schale ein oder mehrere ungepaarte Elektronen besitzen und deshalb hochreaktiv sind: Sie möchten ihr bislang einziges Elektron um ein weiteres ergänzen, denn dieses würde ihnen eine stabilere Form verleihen. So entreißen freie Radikale dem nächstbesten Atom oder Molekül in ihrer Nähe ein Elektron, das dann anschließend oft selbst zu einem freien Radikal wird, weil ihm ein Elektron fehlt. Freie Radikale entstehen einerseits im Rahmen normaler Stoffwechselprozesse im Körper, können aber auch durch äußere Faktoren wie UV-Strahlung oder wie Luftverschmutzung produziert werden.

Was sind Antioxidantien?

Antioxidantien sind Stoffe, die die Folgen von oxidativem Stress abmildern: Sie können den freien Radikalen ein Elektron geben, ohne anschließend selbst zu einem freien Radikal zu werden.

Es gibt viele verschiedene Arten von Antioxidantien.

Einige kann der Körper selbst herstellen („endogene Antioxidantien“); bei anderen ist er auf Zufuhr von außen angewiesen. Besonders reich an Antioxidantien ist Obst und Gemüse.

Aber auch bei den endogenen Antioxidantien spielt die Nährstoffversorgung indirekt eine Rolle. So sind, wie im Beitrag “Endogenous non-enzymatic antioxidants in the human body” beschrieben, beispielsweise folgende aus der Nahrung aufgenommene Stoffe bei der Aktivität von endogenen Antioxidantien wichtig:

  • Vitamin E
  • Vitamin C
  • Carotenoide
  • Zink
  • Mangan
  • Kupfer
  • Selen
  • Polyphenole

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Insgesamt besteht bei oxidativem Stress ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien als „Radikalfänger“.

Dieses Ungleichgewicht kann auf Dauer zu Schäden an Zellen und Gewebe führen – und offenbar auch Depressionen begünstigen.

Die Frage ist nur: Warum eigentlich?

Wieso kann sich oxidativer Stress auf die Psyche auswirken – und Depressionen auslösen oder begünstigen?

Um zu verstehen, warum sich oxidativer Stress auf die Psyche auswirkt, sollten wir uns zunächst noch einmal anschauen, was bei einer Depression im Körper passiert.

Laut dem bereits erwähnten Forschungsüberblick „Oxidative Stress in Depression“ ist eine Depression eine komplexe Erkrankung, die in verschiedene körperliche Regulationsprozesse eingreift.

Im Rahmen einer Depression verändert sich unter anderem

  • die Stresshormon-Regulation
  • die Neuroplastizität

Außerdem finden sich erhöhte Level von Neuroinflammation, also Entzündungen innerhalb des Gehirns.

(Wenn du dich für die Rolle von Entzündungen bei Depressionen interessierst, kannst du hier weiterlesen: „So hängen Depressionen & Entzündungen zusammen“.)

Und wie kommt da jetzt oxidativer Stress ins Spiel?

Nun, lang anhaltender oxidativer Stress kann alle genannten Symptome einer Depression verschlimmern: die veränderte Stresshormon-Regulation, die veränderte Neuroplastizität und auch die Neuroinflammation.

Umgekehrt können die veränderte Stresshormon-Regulation, die veränderte Neuroplastizität und auch die Neuroinflammation aber auch zu mehr oxidativem Stress führen.

Klingt das für dich nach Teufelskreis? Das ist es auch.

Oxidativer Stress wirkt sich auf die Psyche aus, indem es Symptome einer Depression verursacht oder verschlimmert; aber auch Depressionen führen an sich schon zu erhöhtem oxidativen Stress.

Und jetzt?, fragst du dich vielleicht. Sollte man da nicht etwas dagegen unternehmen?

Antwort: Ja, auf jeden Fall. Aber dazu ist es erst einmal wichtig zu wissen, wie oxidativer Stress überhaupt entsteht.

Welche Ursachen hat oxidativer Stress?

Oxidativer Stress entsteht, indem mehr freie Radikale gebildet werden, als der Körper über Antioxidantien kompensieren kann.

Wichtig zu wissen ist aber: Die Bildung freier Radikaler ist normal und passiert im Rahmen normaler Stoffwechselvorgänge.

Es gibt aber auch äußere Faktoren, die die übermäßige Bildung freier Radikale und somit oxidativen Stress begünstigen:

Welche Folgen hat oxidativer Stress?

Dass oxidativer Stress Depressionen fördern kann, hast du ja eben schon gelesen.

Aber oxidativer Stress steht mit einer Reihe weiterer Erkrankungen in Verbindung, z.B. Autoimmun- und Krebserkrankungen, Atherosklerose oder Diabetes. Generell lässt sich sagen, dass oxidativer Stress Entzündungsprozesse fördert und Schäden an Gewebe und DNA anrichten kann.

Was du selbst gegen oxidativen Stress tun kannst

Wenn oxidativer Stress zu Depressionen, aber Depressionen umgekehrt auch zu mehr oxidativem Stress führen, klingt das zwar erst einmal nach einem Teufelskreis. Aber es bietet auch Chancen, möglicherweise an ein paar Stellschrauben zu drehen und das eigene körperliche und seelische Befinden zu verbessern – denn oxidativer Stress lässt sich mindern.

1. Oxidativen Stress über Lebensstilveränderungen reduzieren

Du kannst, soweit dir das deine psychische Verfassung gerade erlaubt, selbst versuchen, deinen oxidativen Stress zu reduzieren.

Nun fragst du dich vielleicht: Ja, aber wie?

Wie kann man oxidativen Stress eigentlich reduzieren?

Das geht über Maßnahmen, die du in Bezug auf Depressionen bestimmt schon einmal gehört hast:

  • Ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse. Eine solche Ernährung, die reich an Antioxidantien wie Vitaminen, Mineralien und sekundären Pflanzenstoffen ist, trägt nämlich dazu bei, die Produktion von freien Radikalen im Körper zu reduzieren.
  • Ausreichend Schlaf. Ausreichender Schlaf ist zentral für die Regeneration des Körpers. Fehlt er, kann das zu oxidativem Stress führen.
  • Regelmäßige Bewegung. Regelmäßige körperliche Aktivität kann – sofern sie nicht zu belastend ist – antientzündlich wirken und dazu beitragen, oxidativen Stress im Körper zu reduzieren.
  • Ausreichend Entspannung. Reduzierst du Stress, reduzierst du damit gleichzeitig auch oxidativen Stress. Das kann über Yoga, Meditation oder andere Entspannungstechniken funktionieren oder über ein Hobby, das du magst.
  • Zigaretten- und Alkoholkonsum möglichst vermeiden. Beides kann den oxidativen Stress im Körper erhöhen.
  • Kontakt mit Umweltgiften minimieren. Nachdem Umweltgifte wie beispielsweise Tabakrauch oder Lösungsmittel oxidativen Stress auslösen oder verstärken können, sollten sie gemieden werden.

2. Mit deinem Arzt / deiner Ärztin Rücksprache halten

Auch andere Krankheiten können zu hohem oxidativen Stress führen. Beispiele hierfür: Long Covid. Gibt es außer der Depression eine weitere behandelbare, eventuell sogar leicht behebbare Ursache für oxidativen Stress, sollte diese behoben werden.

3. Mikronährstoffversorgung überprüfen lassen

Wie oben bereits erwähnt, spielen folgende aus der Nahrung aufgenommene Stoffe eine Rolle bei der Aktivität endogener Antioxidantien (also der Art von Antioxidantien, die vom Körper selbst gebildet werden):

  • Vitamin E
  • Vitamin C
  • Carotenoide
  • Zink
  • Mangan
  • Kupfer
  • Selen

Liegt hier eine Mangelversorgung vor, kann das dazu führen, dass oxidativer Stress nicht gut bewältigt werden kann.

Eine brasilianische Studie mit über 14.000 Teilnehmer:innen aus dem Jahr 2022 konnte zeigen, dass Depressionen im Schnitt oft mit einer verminderten Aufnahme von Antioxidantien wie Vitamin A, C und E, Selen und Zink, Vitamin B6, Folat und B12 einhergehen – was zu verminderten antioxidativen Fähigkeiten führt.

Das sagt natürlich noch nichts über deinen Einzelfall aus (und darum geht es ja: um deinen ganz individuellen Fall). Aber die Studie kann auf jeden Fall als Hinweis darauf gewertet werden, dass oxidativer Stress und Depressionen oft Hand in Hand gehen.

Reminder: Bei Mikronährstoffen, also Vitaminen und Mineralstoffen, gilt definitiv nicht: Viel hilft viel. Über Nahrungsergänzungsmittel zu viel von bestimmten Stoffen aufzunehmen, kann sogar schaden (und/oder negativ mit Medikamenten interagieren). Deswegen solltest du vorher auf jeden Fall mit deinem Arzt / deiner Ärztin sprechen und deine Blutwerte überprüfen lassen.

Zusammenfassung: oxidativer Stress & die Psyche

  • Oxidativer Stress und Depressionen beeinflussen sich oft gegenseitig. Erhöhter oxidativer Stress kann zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer Depression beitragen; umgekehrt erhöhen Depressionen auch den oxidativen Stress.
  • Kann oxidativer Stress vom Körper nicht durch eine antioxidative Reaktion abgefedert werden, drohen als Folgen: Entzündungsprozesse und Zellschäden.
  • Antioxidantien spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von oxidativem Stress. Einige davon kann der Körper selbst herstellen, bei anderen ist er auf die Zufuhr von außen angewiesen (zum Beispiel bei Vitamin C oder Vitamin E).
  • Bei Depressionen spielt aber nicht nur oxidativer Stress eine Rolle, sondern Depressionen sind eine komplexe, oft multifaktorielle Erkrankung. Und dennoch: Das Wissen um erhöhten oxidativen Stress bei Depressionen lässt auf zusätzliche neue Behandlungsmethoden hoffen. Das ist jedenfalls der Schluss, den die Autor:innen der Studie „Oxidative Stress in Depression“ ziehen.
  • Körper und Geist hängen – nicht nur beim Thema Depression – eng zusammen.

Quellen:

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